Glauben heißt „nix wissen“, hört man manchmal. Und nichts wissen ist schlecht, nach dem Motto: Je aufgeklärter, desto fortschrittlicher; jene, die glauben, was man nicht wissen kann, sind halt ein wenig zu simpel geraten.
Wenn das so einfach wäre!
Denn das Meiste muss man glauben. Du überprüfst z. B. meistens nicht, ob dich der Autor eines Buches sachlich informiert oder die Zeitung dich nicht manipuliert. Und du glaubst, dass der Lexikonartikel stimmt. Noch weniger kannst du wissen, ob es der andere ehrlich mit dir meint. Zigmal im Alltag ist man darauf angewiesen, was die anderen sagen. Vom Säuglingsalter an vermehren wir durch Glauben unser Wissen.
In der 2. Lesung des kommenden, des 6. Ostersonntags werden wir aufgerufen, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt“ (1Petr 3,15). Wenn mich jemand fragt, warum ich Christ bin, sollte ich dazu schon etwas sagen können. Einer der Großen in der Alten Kirche, Tertullian, meinte zwar er glaube gerade deshalb, weil es dem Verstand absurd erscheint (credo quia absurdum). Und Paulus schreibt im ersten Korintherbrief, dass den aufgeklärten Heiden die Kunde vom Gekreuzigten geradezu töricht vorkommen musste (1Kor 1,18). Wozu soll ein Gescheiterter gut sein? Gleichzeitig unternahm er in seinen Schriften alles, um die christliche Lehre logisch zu untermauern. Viele andere nach ihm auch.
Im Gegensatz zu heute war in der Alten Kirche das Wissen über den Glauben sehr wichtig. Man hat ewig diskutiert, studiert und geschrieben, man hat sich teilweise bis aufs Blut über Glaubensfragen gestritten. Nicht nur die Theologen, angeblich haben auch die Marktfrauen von Konstantinopel sich darüber erhitzen können, ob Jesus Christus gottgleich ist, oder ob er nur ein besserer Mensch gewesen war. Denn wenn er nur ein Mensch war, dann konnte er in punkto Sinn des Lebens bzw. Heil des Menschen genauso wenig ausrichten wie die übrigen Weisheitslehrer auch.
Der langen Rede kurzer Sinn: Wir sollten unser Glaubenswissen vertiefen, uns informieren, damit nicht jeder Stammtischwitz über die Kirche uns in die Knie zwingt oder die ewigen Halbwahrheiten über Kreuzzüge und Hexenprozesse uns kleinlaut machen.
Und doch: Wenn das Glaubenswissen auch ganze Bibliotheken füllt und es theologische Fakultäten gibt, der christliche Glaube ist letztlich doch was anderes, etwas Existentielles. Er ist Beziehung, Vertrauen, letztlich Liebe. Deshalb heißt es bei den weisen Menschen nicht: ich erkenne, damit ich glaube, sondern umgekehrt: Credo ut intelligam, ich glaube, damit ich erkenne (Augustinus, Anselm). Weil du deinen Freund, deine Freundin magst, glaubst du, was er/sie sagt. Einem Fremden gegenüber bist du skeptisch. Erst die Sympathie, die Liebe, eröffnet dir die tiefere Wahrheit über dein Gegenüber. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ (A. de Saint-Exupéry). Die anderen sagen vielleicht: Wie kann sie/er sich nur in den/die verlieben? Aber weil du liebst, weißt du, dass er/sie einzigartig ist. Sollte das bei Jesus anders sein?
P. J. Gregur