In einem dunklen Raum dachte am Adventskranz eine einsam brennende Kerze: „Es sind doch noch drei andere da, wieso brenne nur ich? Wäre es zu viert nicht viel heller hier? Bin ich dumm? Während die anderen ihre Schönheit stolz präsentieren, verzehre ich mich, verliere meine Form, werde weniger, irgendwann gibt es mich nicht mehr! – Andererseits, was nützt die Schönheit im Dunkeln. Wenn es kein Licht gibt, gibt es auch nichts zu sehen!“ So oder ähnlich grübelte sie eine Woche lang.
Das merkte die zweite Kerze und wurde stutzig. „Die brennt und brennt, aber wieso eigentlich? Ist es gut, zu brennen? Ist es vielleicht auch meine Berufung und Bestimmung zu brennen?“ Nach einer Woche hin und her, entschied auch sie sich, auszuprobieren, wie es ist, wenn man Licht und Wärme spendet.
„Hey, was ist hier los, jetzt brennen auf einmal zwei. Und diese Einhelligkeit!“ Trotzig versuchte die dritte Kerze, auf andere Gedanken zu kommen. Aber der Verdacht ließ sie nicht los, es könnte was dran sein, Licht zu verströmen?“ Nach einer weiteren Woche Zögerns fing auch sie Feuer. Und tatsächlich: Das Licht, das sie gab, durchströmte sie selbst ganz. Strahlend (weiß) vor Glück stammelte sie in die Runde: „Freut euch! Noch einmal sage ich: Freut euch“ (Phil 4,4).
Aus dem Halbschlaf geweckt, rieb sich die vierte Kerze die Augen: „Ich fass es nicht, seid ihr übergeschnappt! Wir wollten doch einfach nur Schmuck sein; ich kann und will meine Schönheit nicht drangeben; ein verbliebener Stumpf ist doch nur noch hässlich!“
„Das dachten wir auch,“ sagten die anderen. „Aber jetzt merken wir, dass die eigentliche Schönheit wahr sein muss.“ – „Wie, wahr?“ – „Ja, wahr ist die Kerze erst dann, wenn sie brennt. Licht zu spenden, ist ihre Bestimmung und dadurch ihr Glück. Du solltest es einfach mal ausprobieren, mitbrennen, dann merkst du den Sinn deines Daseins.“
Das war zu viel auf einmal. Aber nach einer weiteren Woche löste sich im Schein ihrer Kerzenschwester die Angst auf, dass man in der Hingabe kleiner und hässlicher wird. Sie wurde ruhig und gab sich schließlich der Flamme hin. Die Leute aber, die hereinkamen, sagten sich: Es ist wie an Weihnachten, wenn das Kind kommt, das von sich sagen wird: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh 8,12)
Aber nicht nur das: Die vierte Kerze nahm auch den grünen Kranz wahr, der sie trug. „Spürt ihr das auch?“ flüsterte sie: „Der Kranz! Der Kranz ist es, der uns verbindet und unserem gemeinsamen Brennen den letzten Sinn gibt. Kein Anfang und kein Ende, alles ist da rund und eins.“ – Und es war als hätten alle in der Stille des Raumes ein fernes Raunen vernommen: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“ (Joh 17,21).
„Wer hätte das gedacht“, sagte die erste Kerze. „Als letzte hast du Feuer gefangen, und findest Gedanken und Worte, die ich anfangs nur irgendwie ahnte.“ „Stimmt“, sagten auch die anderen. Und ihr Licht machte sie noch heller und schöner.
P. J. Gregur